Über Algorithmen in unserer Gesellschaft schreiben: AlgorithmWatch vergibt 5 Stipendien

Die Stipendiat*innen erhalten sechs Monate lang 1.200 € pro Monat und berichten über den Einsatz von automatisierten Entscheidungssystemen in Europa.

Nicolas Kayser-Bril
Reporter

Dank der großzügigen Unterstützung der Deutschen Postcode Lotterie vergibt AlgorithmWatch fünf Stipendien, um zu einer größeren Rechenschaftspflicht beim Einsatz von Algorithmen beizutragen. Das Stipendium hat eine Laufzeit von sechs Monaten, beginnend im Januar. Zwei weitere Ausschreibungen im Frühjahr und Herbst 2023 werden folgen.

Mit der Vergabe des Stipendiums sind zwei Ziele verbunden:

Erstens soll damit die Berichterstattung über automatisierte Systeme in der Europäischen Union vorangebracht werden. Nach wie vor werden zu viele von ihnen eingesetzt, ohne zuvor ausreichend unter anderem von Journalist*innen geprüft worden zu sein. Außerdem wird zu wenig über die Menschen berichtet, die von ihnen betroffen sind.

Zweitens möchten wir bei der Suche nach entsprechenden Storys Erfahrungswerte sammeln und teilen. Es ist schwierig, über zumeist undurchsichtige und komplexe algorithmische Systeme zu schreiben, und nicht alle Journalist*innen eignen sich dazu. Wir möchten aber den Weg dazu ebnen, indem wir Interessierten Methoden und Ratschläge an die Hand geben. Außerdem möchten wir dazu beitragen, dass auf diesem Gebiet mehr Forschung betrieben wird und die Vorreiterrolle, die Deutschland dabei heute schon einnimmt, international wahrgenommen wird.

Die Bewerbungsphase ist beendet. Abonnieren Sie unseren Newsletter oder folgen Sie uns in den sozialen Medien, um benachrichtigt zu werden, wenn die nächste Bewerbungsrunde beginnt.

Was das Stipendium beinhaltet

Das Stipendium hat eine Laufzeit von sechs Monaten, von Januar 2023 bis Juni 2023. Jede*r Stipendiat*in erhält monatlich 1.200 €.

Wir erwarten von den Stipendiat*innen, dass sie durchschnittlich eine journalistische Story pro Monat auf Englisch über die Automatisierung der Gesellschaft entwickeln. Der zeitliche Aufwand hängt von der Story ab, insgesamt sollte er aber im Durchschnitt 20 Stunden monatlich nicht überschreiten.

Unter der „Automatisierung der Gesellschaft“ verstehen wir zum Beispiel Folgendes:

Zu den Themengebieten, die im Kontext der Automatisierung der Gesellschaft nicht relevant sind, gehören:

Wir wissen, dass diese Art der Berichterstattung nicht einfach ist. Deshalb erwarten wir von den Stipendiat*innen nicht, dass sie jeden Monat eine ausgefeilte Story abliefern. Sie müssen uns allerdings jeden Monat berichten, woran sie gerade arbeiten. Manchmal kann die Einsicht, warum eine Story nicht funktioniert hat, genauso viel wert sein wie die Veröffentlichung einer Story.

Wenn die Stipendiat*innen eine Story verfasst haben, die unseren redaktionellen Standards entspricht, müssen sie der Veröffentlichung unter der Creative Commons Attribution-Lizenz zustimmen. Ihnen steht es frei, selbst über das Publikationsmedium zu bestimmen. Ebenso können sie für ihre Storys eigenständig Honorare aushandeln.

Uns ist bewusst, dass die meisten europäischen Schulsysteme nicht auf das professionelle Verfassen englischer Texte vorbereiten. Von daher müssen Bewerber*innen geschriebenes Englisch lediglich auf der B2-Stufe beherrschen. AlgorithmWatch bietet den Stipendiat*innen bei Bedarf ein Training an, um ihr geschriebenes Englisch zu verbessern. Vor der Veröffentlichung werden alle ihre Texte redaktionell bearbeitet werden. Celine Bijleveld, eine frühere Redakteurin und Produzentin bei The Guardian, wird die Stipendiat*innen persönlich unterstützen. Celine ist seit über zwei Jahrzehnten als Autorin tätig und bildet gegenwärtig Journalist*innen bei der Press Association aus.

Voraussetzungen für Bewerber*innen

Generell sind alle volljährigen Interessenten eingeladen, die über journalistische Erfahrung verfügen. Wir begrüßen ausdrücklich Bewerbungen von Personen, die Minderheiten oder marginalisierten Gruppen und Communitys angehören.

Es sind keine besonderen Informatikkenntnisse notwendig, um über die gesellschaftlichen Folgen automatisierter Systeme zu schreiben. Es ist ja auch kein Abschluss in Klimawissenschaft notwendig, um über die Auswirkungen der Klimakrise zu berichten.

Bewerber*innen müssen keine professionellen Journalist*innen sein. Wir begrüßen ebenso Bewerbungen von Doktorand*innen, zivilgesellschaftlich interessierten Techniker*innen, Aktivist*innen, Bibliothekar*innen oder auch Menschen, die in einer Community aktiv sind. Die Stipendiat*innen werden je nach ihrem persönlichen Hintergrund journalistisch ausgebildet. Vor Beginn des Stipendiums könnte AlgorithmWatch von Bewerber*innen gegebenenfalls verlangen, an einem journalistischen Online-Kurs teilzunehmen (für dessen Kosten AlgorithmWatch aufkommt).

Unabdingliche Voraussetzungen für Bewerber*innen sind hingegen:

Bewerbungsverfahren

Die Bewerbungsphase ist beendet.

FAQ

Schließen Stipendiat*innen einen Arbeitsvertrag mit AlgorithmWatch ab?

Nein. Ein Stipendium ist kein Gehalt.

Was geschieht, wenn ich krank bin oder (Mutterschafts-)Urlaub brauche?

Darüber sprechen wir von Fall zu Fall.

Wie sieht es mit den Steuern aus?

Stipendien sind unter deutschem Recht von der Steuer befreit. Die Stipendiat*innen sollten prüfen, ob die Steuerbefreiung auch in dem Land gilt, in dem sie ihren Wohnsitz haben. Für eine etwaige Abführung von Steuern sind alle Stipendiat*innen selbst verantwortlich.

Wird bei der Auszahlung des Stipendiums die Inflation berücksichtigt?

Nein. Der Gesamtbetrag von 7.200 € wird über sechs Monate hinweg ausgezahlt. Die Höhe des Betrags lässt sich nicht ändern.

Werde ich das Urheberrecht an meinen Beiträgen behalten?

Alle Stipendiat*innen behalten das alleinige Urhaberrecht, müssen ihre Beiträge aber unter der CC-BY-Lizenz veröffentlichen.

Wie groß ist der Arbeitsumfang?

Durchschnittlich 20 Stunden monatlich. Einige Storys verlangen einen größeren, andere einen geringeren Arbeitsaufwand.

Werde ich mit AlgorithmWatch zusammenarbeiten?

Alle Stipendiat*innen arbeiten wie selbstständige Journalist*innen eigenverantwortlich. Einmal im Monat stellen sie jeweils AlgorithmWatch ihre Storys vor. Die Ideen werden zusammen mit anderen Journalist*innen diskutiert (die Vorschläge dazu machen können), um für die jeweilige Story eine Perspektive, geeignete Methoden und das richtige  Format zu finden. Auf dieser Grundlage führen die Stipendiat*innen ihre Recherche durch und schreiben eigenständig einen Beitrag. AlgorithmWatch wird diesen Prozess natürlich bei Bedarf mit Rat und Tat begleiten.

Werde ich mit anderen Stipendiat*innen zusammenarbeiten?

Falls sich bei verschiedenen Storys Überschneidungen ergeben, werden wir eine Zusammenarbeit vermitteln, falls das im Interesse der Stipendiat*innen liegt.

Werden persönliche Treffen stattfinden?

Die gesamte Kommunikation soll online stattfinden, aber wir werden versuchen, Meetings zu organisieren, zum Beispiel bei einer gemeinsamen Teilnahme an Konferenzen.

Stehen den Stipendiat*innen Büroräume zur Verfügung?

Nein.

Kann die Laufzeit des Stipendiums verkürzt werden?

Wir erwarten, dass Stipendiat*innen die gesamte Laufzeit des Stipendiums nutzen. Im Einzelfall können wir aber flexible Lösungen finden.

Gibt es eine Altersgrenze?

Voraussetzung ist die Volljährigkeit.

Können sich auch Nicht-Journalist*innen bewerben?

Ja. Wir suchen zwar Menschen, die Erfahrung beim Schreiben und Veröffentlichen von Texten haben, aber eine akademische Journalismus-Ausbildung oder eine entsprechende Arbeitserfahrung sind nicht notwendig.

Kann ich mich bewerben, wenn ich keine Arbeitserlaubnis habe (z.B. weil ich Asylsuchende*r bin)?

Ja, allerdings sollte in so einem Fall geprüft werden, ob die Berechtigung vorliegt, ein Stipendium zu erhalten.

Kann ich mich mehrfach bewerben?

Ja. Es wird zwei weitere Ausschreibungen geben, die völlig offen sind, selbst für diejenigen, die bereits bei der ersten Ausschreibung ein Stipendium erhalten haben.

Kann ich mich bewerben, wenn ich außerhalb der Europäischen Union oder der Schweiz wohne?

Nein.

Können sich Bewohner*innen des Vereinten Königreichs bewerben?

Siehe die vorherige Frage.

Erstattet AlgorithmWatch Reisekosten, die im Zuge journalistischer Recherche entstehen?

Nein. Alle etwaigen Kosten, die bei der Arbeit anfallen, sind mit dem Stipendium abgedeckt. Wir werden unsere Stipendiat*innen allerdings unterstützen, falls sie zusätzliche Mittel benötigen, zum Beispiel bei der Bewerbung für weitere Stipendien.

AlgorithmWatch ist eine Advocacy-Organisation. Wird sich das auf meine Tätigkeit auswirken?

Nein. Der Journalismus und die Advocacy-Arbeit sind zwei getrennte Bereiche.

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