Die Schufa ändert viel – aber das ändert wenig

Taschenrechner und Papier, das eine Rechnung sein könnte
Ken Teegardin via Flickr - CC BY-SA 2.0

Die Schufa legt ihr Scoring-Verfahren offen! Was so klingt, als würden Forderungen erfüllt, die Verbraucherschützer*innen und Organisationen wie AlgorithmWatch seit zum Teil Jahrzehnten stellen, wird voraussichtlich an der Situation für die Betroffenen wenig ändern.

In einer Pressekonferenz hat die Schufa heute angekündigt, das Verfahren (den Scoring-Algorithmus) vollständig transparent zu machen. Welche Auswirkungen wird das haben?

  1. Zunächst gar keine, denn das neue Verfahren soll nur dann auf alle angewendet werden, wenn ein maßgeblicher Teil der Kunden der Schufa es auch haben will (also Banken, Telekommunikations- sowie E-Commerce-Unternehmen und andere, die den Score für die Prüfung der eigenen Kund*innen nutzen). Ob das der Fall sein wird, ist unklar, und die Schufa selbst räumt sich einen Zeitraum von fast drei Jahren – bis Ende 2027 – ein, um das Verfahren für alle umzustellen.
  2. Verbraucher*innen und Unternehmen sollen zukünftig denselben Score sehen. Die Schufa sagt, dass dadurch die Verhandlungsposition der Verbraucher*innen besser werde. Das bezweifeln wir – denn das Machtungleichgewicht zwischen Unternehmen und Verbraucher*innen verändert sich nicht allein dadurch, dass Verbraucher*innen mehr Informationen haben. Weiterhin entscheiden die Unternehmen darüber, ob Kredite, Mobilfunkverträge oder anderes vergeben werden – und das meist auf Basis des Scores.
  3. Die Schufa hat nicht angekündigt, dass sie etwas daran ändern wird, wie sie die Daten sammelt und deren Qualität prüft. In der Vergangenheit hat sich immer wieder gezeigt, dass Daten der Schufa fehlerhaft sind. Das neue Score-Modell ändert daran nichts.
  4. Ein weiteres grundlegendes Problem bleibt ungelöst: Der neue Score behebt nicht die bestehenden Verzerrungen, die insbesondere Gruppen wie junge Menschen benachteiligen kann. So sind junge Menschen in den Trainingsdaten oft unterrepräsentiert. Das liegt unter anderem daran, dass sie seltener Finanzprodukte nutzen oder nur eingeschränkten Zugang dazu haben. Dadurch fehlen Erfahrungswerte über ihr tatsächliches Zahlungsverhalten, was das Scoring zu ihren Ungunsten verzerren kann.

    Die Schufa könnte argumentieren, dass eine diskriminierungsfreie Bewertung nur durch eine erweiterte Datengrundlage möglich sei – doch mehr Datensammlung muss nicht unbedingt die Lösung sein.

    Vielmehr müssen strukturelle Anpassungen vorgenommen werden, um die Datengrundlage zu verbessern. Eine Möglichkeit wäre es, diesen Gruppen unter bestimmten Bedingungen einen erleichterten Zugang zu Finanzprodukten zu ermöglichen – beispielsweise durch spezielle Einstiegsangebote, niedrigere Risikoaufschläge oder vorübergehend reduzierte Anforderungen an Bonitätsnachweise. So könnten mehr reale Daten generiert werden, die das Problem „keine Daten – schlechter Score“ gezielt angehen können.

Ohne solche Maßnahmen bleibt der neue Score lediglich ein Spiegel bestehender gesellschaftlicher Ungleichheiten.