Einschätzung zur neuen “Partnership on AI”

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Die vorgestern von fünf großen Konzernen verkündete „Partnership on AI“ muss man als Vorwärtsverteidigung und Gründung eines neuen Lobbyverbands verstehen. Acht Grundsätze („tenets“) verkünden Alphabet (Google & Deep Mind), Amazon, Facebook, IBM und Microsoft. Die sind in Teilen redundant – die ersten drei Grundsätze enthalten die Kernpunkte, die dann in den folgenden fünf Punkten ausgeführt werden: Im wesentlichen stellen die Unternehmen fest, dass sie Künstliche Intelligenz (A.I.) entwickeln wollen, die der Menschheit dient und ihr nicht schadet. Weiter will man sich Feedback und Fragen aus der Öffentlichkeit stellen. Drittens sei man offen für Forschung sowie einen Dialog über ethische, soziale und wirtschaftliche Fragen.

Es wird nicht erklärt, woher die Firmen ihre ethische Maßstäbe – auch für die Bewertung von A.I. – nehmen.  Doch stellt sich etwa die Frage, wie und anhand welcher (ethischen) Kriterien man im Vorhinein die Auswirkungen von A.I. bewerten können will. Oder wie man „dual-use“ Aspekte von A.I.-Technologie ausschließen kann. Punkt 6 der Grundsätze, in denen beispielsweise Datenschutz und Menschenrechte angesprochen werden, dürfte angesichts mancher Produkte und Dienstleistungen der beteiligten Konzerne Skepsis hervorrufen.

In Punkt 7 schreibt das Konsortium: „We believe that it is important for the operation of AI systems to be understandable and interpretable by people, for purposes of explaining the technology.“ Ob das möglich ist, ist unklar – möglicherweise ist es Wesensmerkmal mancher A.I.-Technologie, dass sie unergründlich ist. So wurde neulich im Online-Portal Nautilus die Frage gestellt: „Is Artificial Intelligence Permanently Inscrutable?“. Wir von AlgorithmWatch halten die „Nachvollziehbarkeit“ von algorithmenbasierten Entscheidungen (ADM) für einen zentralen Punkt. Wie ernst die Konzerne es mit ihrer Initiative meinen, wird sich nicht zuletzt daran zeigen, was sie unter „understandable and interpretable“ verstehen.

Verantwortung und Sanktionen

Die fünf Firmen stellen ihre gemeinsame Initiative unter das Motto „to benefit people and society“. Die Ergänzung „and us“ wäre sicher ehrlicher. In einem Beitrag der NYT von Anfang September wird die Intention hinter „Partnership for AI“ benannt: Wichtiger Beweggrund sei, dass die Technologieindustrie Sorge davor hätte, dass es seitens der Gesetzgeber tiefgreifende Regulation der Arbeit mit A.I. gäbe. Tatsächlich unterstehen die Firmen bereits unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen (Datenschutz, Sachenrecht, Haftung, Verbraucherschutz, etc.).

Es ist legitim, dass Firmen sich für ihre Interessen engagieren. Und es tut der Debatte um Künstliche Intelligenz sicher gut, wenn sie nicht nur von Alarmismus geprägt ist. Und es schadet nicht, wenn besagte Konzerne als zentrale Akteure in diesem Feld anerkennen, dass sich ihrer Verantwortung stellen müssen. Doch muss Politik und Zivilgesellschaft einem solchen Branchenverband etwas entgegensetzen. Denn Selbstverpflichtungen tun nicht weh und ihre aus anderen Wirtschaftszweigen bekannte Wirksamkeit ist zumindest umstritten. Ohne verbindliche Sanktionsregeln drohen sie, Papiertiger zu bleiben.

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