Kampagne
Gesichtserkennung stoppen – kein Türöffner für Massenüberwachung!
Gemeinsam mit Organisationen aus dem Bündnis „Gesichtserkennung stoppen“ fordert AlgorithmWatch Bundestagsabgeordnete auf, sich klar und entschieden gegen biometrische Fernidentifikation zu positionieren. Mach mit und hilf uns, Druck auf die Politik auszuüben! Hier eine Sammlung unserer Aktionen und Hintergrundinformationen zum Thema.
Neueste Pläne der Bundesregierung sehen vor, die polizeiliche Gesichtserkennung deutlich auszuweiten. Der Einsatz von KI zur biometrischen Fernidentifikation von Menschen ist wegen der großen Gefahren für Grundrechte immer unverhältnismäßig. Gesichtserkennung ist der Türöffner für Massenüberwachung!
Was kannst du dagegen tun?
Wir wollen Abgeordnete überzeugen, die sich noch nicht klar positioniert haben. Du kannst uns dabei unterstützen, indem du unseren Brief per E-Mail direkt an die zuständigen Abgeordneten sendest. Nutze hierfür unser E-Mail-Formular, durch das sich automatisch eine von uns vorformulierte E-Mail mit den Adressen der Abgeordneten öffnet.
Unser Brief an Abgeordnete des Bundestages (edit: 12. September 2024)
Sehr geehrte XXX,
gegenwärtig erleben wir den Versuch, mit dem Sicherheitspaket weitreichende Eingriffsbefugnisse der Sicherheitsbehörden im Schnelldurchlauf zu beschließen. So sollen BKA, Bundespolizei und BAMF künftig zu verschiedenen Zwecken das Internet mit biometrischen Daten wie Bildern und Stimmen abgleichen dürfen und dafür riesige biometrische Datenbanken erstellen. Außerdem ist geplant Polizeidatenbestände in einer Größenordnung anlasslos zusammenzuführen, die historisch einmalig sein dürfte.
Doch auch bereits bestehende Technologien wie sogenannte „biometrische Fernidentifizierungssysteme“ stellen ein erhebliches Risiko für die Grundrechte der Menschen in Deutschland dar. Die anstehende Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) bietet an dieser Stelle jedoch die entscheidende Chance, den Einsatz dieser missbrauchsanfälligen Technologie im öffentlichen Raum zu verbieten und die Bewegungs-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit der Menschen in Deutschland zu sichern.
Wie mehrere Expert:innen in der Anhörung zur BDSG-Novelle im Innenausschuss am 24. Juni 2024 bestätigt haben, bergen derartige biometrische Fernidentifizierungssysteme die Gefahr, dass Menschen sich im öffentlichen Raum nicht mehr anonym bewegen können. Durch flächendeckende Gesichtserkennung und andere biometrische Verfahren kann nachvollzogen werden, wer sich wann, wo und mit wem bewegt. Das betrifft die Wege zum Supermarkt und in die Arbeit, aber auch zur Gynäkologin und nicht zuletzt auch die Teilnahme an einer Demonstration.
Biometrische Merkmale zur Identifizierung von Personen stehen unter besonderem Schutz im nationalen und europäischen Datenschutzrecht. Gesicht, Stimme und Iris etc. können nicht verändert werden; die Person bleibt damit grundsätzlich ihr ganzes Leben identifizierbar. Die anlasslose Erhebung und Weiterverarbeitung dieser Merkmale unbeteiligter Menschen erhöht den Anpassungsdruck in der Gesellschaft („chilling effects“). Gerade in demokratischen Gesellschaften ist es jedoch unerlässlich, dass die Menschen sich frei und ohne Überwachungsdruck bewegen können. Anonymität im öffentlichen Raum (ob online oder offline) ist eine der Grundvoraussetzungen für freie Meinungsäußerung. Biometrische Fernidentifizierungssysteme jedoch gefährden diese zentrale Grundlage unserer Demokratie.
Ich fordere Sie daher auf: Tragen Sie nicht dazu bei, dass ein derart missbrauchsanfälliges Instrument geschaffen wird, mit dem Demokratiefeinde jetzt, oder in 10 Jahren – in NRW oder in Thüringen – gegen Andersdenkende vorgehen können.
An dieser Stelle können Sie als MdB und Mitglied des Innenausschusses oder des Ausschusses für Digitales einen Unterschied machen:
Der AI Act der Europäischen Union bietet auf nationaler Ebene und im Rahmen der BDSG-Novellierung die Chance, die Datenverarbeitung auf Grundlage biometrischer Fernidentifikationssysteme in öffentlich zugänglichen Räumen zu verbieten.
Ich bitte Sie daher um Folgendes: Setzen Sie sich innerhalb Ihrer Fraktion und im Innenausschuss sowie im Ausschuss für Digitales dafür ein, dass das BDSG in 2. Lesung um ein Verbot der Verarbeitung personenbezogener Daten durch Verwendung biometrischer Fernidentifizierungssysteme (Art. 3 Nr. 41 KI-VO) in öffentlich zugänglichen Räumen ergänzt wird. Dies ist mit der KI-Verordnung vereinbar. Im Rahmen der genannten Sachverständigenanhörung wurden hierzu auch konkrete Formulierungsvorschläge vorgelegt.
Außerdem würde ich Sie bitten sich mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen, dass die anstehenden tiefen Einschnitte durch neue Befugnisse im Sicherheitspaket der Bundesregierung nicht vom Deutschen Bundestag beschlossen werden. Die Schnelligkeit, mit der grundlegende Fragestellungen im Windschatten anderer Themen, die in den Debatten klar im Vordergrund stehen, abgehandelt und besiegelt werden sollen, ist einem parlamentarischen Verfahren bei solch einer ernsten Angelegenheit nicht würdig.
Es ist unser aller Verantwortung, undemokratischen Kräften keine Werkzeuge auf den Schreibtisch zu legen, die diese missbrauchen können – und werden.
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
ein*e Bürger*in
Suchst du nach Orientierung zum Thema biometrische Fernidentifikation? In unserem Explainer erklären wir wichtige Begriffe und ordnen die Entwicklungen in diesem Bereich ein.
Das Wichtigste in Kürze erklären wir auch hier in den einzelnen Info-Kacheln (Verlinkung führt zu Instagram-Beiträgen):
Offener Brief
Haltung zeigen: Menschenrechte verteidigen, biometrische Gesichtserkennung stoppen!
Anlässlicher der öffentlichen Anhörung am 23. September 2024 des so genannten „Sicherheitspakets“ der Ampelregierung wenden sich zivilgesellschaftliche Organisationen an die Bundesregierung. Der Brief kritisiert die Ausweitung der Befugnisse der Sicherheitsbehörden im digitalen Bereich, geht aber auch auf die Verschärfungen im Asylbereich ein.
Unser offener Brief - Haltung zeigen: Menschenrechte verteidigen, biometrische Gesichtserkennung stoppen!
Sehr geehrte Abgeordnete des Deutschen Bundestages,
mit den Gesetzentwürfen zum sogenannten Sicherheitspaket schlagen die Fraktionen der Ampel-Koalition die Verschärfungen des Asylrechts und die Einführung massenhafter biometrischer Überwachung vor. Trotz schwerwiegender offener Fragen bezüglich der Effektivität der vorgeschlagenen Maßnahmen und ihrer Konformität mit EU-Recht und dem Grundgesetz soll dieses Paket in Rekordzeit verabschiedet und umgesetzt werden.
Das Sicherheitspaket sieht Maßnahmen vor, die in keinem angemessenen Verhältnis zu dem vermuteten Gewinn an Sicherheit stehen. In einigen Bereichen besitzen die Regelungen reinen Symbolcharakter und werden die Sicherheitsbehörden im Vollzug mit neuen Aufgaben belasten, die sie davon abhalten, ihren eigentlichen Tätigkeiten nachzugehen.
Gleichzeitig stützen die vorgeschlagenen Verschärfungen des Asylrechts autoritäre Narrative, die die Rechte „Anderer“, in diesem Fall asylsuchender Menschen, infrage stellen, und tragen damit zur Spaltung der Gesellschaft bei. Asylsuchenden, für deren Asylantrag ein anderer Mitgliedstaat zuständig ist, sollen zukünftig nach zwei Wochen alle Sozialleistungen gestrichen werden. Das untergräbt die Menschenwürde und ist inakzeptabel und völkerrechtswidrig. Die geplante Ausweitung anlassloser Kontrollen durch die Polizei ist ein Einfallstor für Racial Profiling.
Wir fordern Sie dazu auf, sich dem kopflosen Aktionismus, der mit dem Sicherheitspaket einhergeht,entgegenzustellen, Grund- und Menschenrechte zu schützen und für die Rechtsstaatlichkeit einzustehen.
Eingeführt werden soll auch die Befugnis zum biometrischen Abgleich des gesamten Internets mit Bildern und Stimmen von Tatverdächtigen oder gesuchten Personen. Bundeskriminalamt und Bundespolizei sollen diese Befugnis nicht nur zur Bekämpfung von Terrorismus, sondern auch als neues Standardinstrument erhalten, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sogar ohne Anfangsverdacht einer Straftat, nur um die Identität von Personen festzustellen.
Eine solche Maßnahme ist technisch jedoch nur möglich, wenn riesige, unterschiedslose Gesichtsdatenbanken angelegt werden. Solche Gesichtsdatenbanken sind nach Artikel 5 der KI-Verordnung eine verbotene Praxis, da sie Massenüberwachung ermöglichen und zu schweren Verstößen gegen die Grundrechte, einschließlich des Rechts auf Privatsphäre, führen können. Es gibt zwar Ausnahmen im Rahmen der nationalen Sicherheit, aber ein Verbot des Einsatzes von biometrischen Fernidentifizierungssystemen ist laut KI-Verordnung ausdrücklich möglich und kann von den Mitgliedsstaaten rechtlich eingeführt werden.
Der Schutz von Menschenrechten darf nicht unter Vorbehalt stehen. Insbesondere im Kontext erstarkender rechtsextremer Parteien müssen die demokratischen Kräfte gemeinsam die Möglichkeit des institutionellen Machtmissbrauchs minimieren.
Wir fordern Sie daher auf, sich gegen jede Form der biometrischen Fernidentifizierung in Deutschland einzusetzen.
Im Koalitionsvertrag verpflichten sich die Regierungsparteien gleich an zwei Stellen, biometrische Überwachung in Deutschland zu verhindern: Die „[b]iometrische Erkennung im öffentlichen Raum“ wie auch der „Einsatz von biometrischer Erfassung zu Überwachungszwecken“ werden explizit abgelehnt.
Es ist jetzt an der Zeit, ein Verbot biometrischer Überwachung konsequent zu verfolgen und Einschnitte in Grundrechte wie die ausufernden Ideen zur automatisierten Datenanalyse, die anlasslose IP-Adressdatenspeicherung, Videoüberwachung und Gesichtserkennung im öffentlichen Raum, Onlinedurchsuchung für den Verfassungsschutz und die allgemeine und anlasslose Vorratsdatenspeicherung ein für alle Mal abzulehnen.
Wir fordern Sie auf, sich für den Schutz aller Menschen und das Recht auf ein Leben frei von Massenüberwachung und Kontrolle einzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Den Brief mit einer aktuellen Liste aller Mitunterzeichnenden findest du auf der Webseite unseres Bündnis-Partners D64:
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