Der einzige Weg, um Facebook, Google und Co. zur Rechenschaft zu ziehen: Mehr Zugang zu Plattformdaten

Die Schaffung wirksamer regulatorischer Rahmenbedingungen für Internediäre ist nur mit angemessener Transperenz möglich – in Form von Datenzugang für Journalisten, Akademiker und zivilgesellschaftliche Akteure. Dies ist das Ergebnis zweier neuer Studien, die von AlgorithmWatch in Zusammenarbeit mit dem European Policy Centre und dem Mainzer Medieninstitut veröffentlicht wurden.

Berlin / Brüssel, 26. Mai 2020. Die wirksame Regulierung von Intermediären kann nur auf der Grundlage bedeutsamer Transparenz erfolgen, indem Journalisten, Akademiker und zivilgesellschaftliche Akteure Zugang zu den Daten der Plattformen erhalten. Zu diesem Ergebnis kommen zwei neue Studien, die AlgorithmWatch in Zusammenarbeit mit dem European Policy Centre und dem Mainzer Medieninstitut veröffentlicht hat.

Die COVID19-Pandemie hat die Bedenken hinsichtlich der enormen Macht untermauert, die Intermediäre wie Facebook und YouTube haben, wenn es darum geht, wie Informationen online gefunden, moderiert und verbreitet werden. Wir sind davon überzeugt, dass das bevorstehende EU-Gesetz zu digitalen Diensten (Digital Services Act) eine einzigartige Gelegenheit für europäische Entscheidungsträger darstellt, die systemischen Mängel der bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu beheben und gleichzeitig die Nutzerrechte zu schützen und Online-Schäden zu verringern.

Seit Oktober 2019 koordinieren AlgorithmWatch und das European Policy Centre Governing Platforms, eine Multi-Stakeholder-Dialogreihe mit Teilnehmer·innen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Politik und dem privaten Sektor. Beim 2. Governing Platforms-Workshop, der heute (online) stattfindet, diskutieren wir die Ergebnisse zwei neuer Studien, die bei unseren Partnern am Mainzer Medieninstitut in Auftrag gegeben wurden.

In ihrer Studie Are Algorithms a Threat to Democracy? beleuchten die Kommunikationswissenschaftlerin Birgit Stark und ihre Kolleg·innen einige der realen, negativen Auswirkungen von Online-Hassreden - insbesondere für Frauen, die unverhältnismäßig stark davon betroffen sind. Während klar ist, dass Intermediäre zu einem wachsenden Klima der „Online-Inzivilität“ beitragen, sind die Auswirkungen von Herausforderungen wie Desinformation weniger deutlich. Denn die Forschung in diesem Bereich wird durch den beschränkten Zugang zu Plattformdaten behindert.

„Man kann nicht regulieren, was man nicht versteht“, sagt Mackenzie Nelson, Projektmanagerin bei AlgorithmWatch und Koordinatorin des Projekts Governing Platforms. „Der Stark-Bericht hebt neben anderen Ergebnissen die Bedeutung von Transparenz und Datenzugang als Voraussetzung für evidenzbasierte Regulierungs- und Rechenschaftsmechanismen hervor.“

In den letzten Wochen haben zivilgesellschaftliche Beobachter ihre Besorgnis über die Verbreitung und Verstärkung von Desinformationen/Fehlinformationen im Zusammenhang mit COVID19 geäußert, und einige Wissenschaftler sind sogar so weit gegangen, vor einer durch soziale Medien betriebenen „Infodemie“ zu warnen. Gleichzeitig zeigen drakonische Notfallmaßnahmen, die darauf abzielen, die Verbreitung von „Gerüchten“ und „gefälschten Nachrichten“ im Zusammenhang mit Corona einzudämmen, welche Gefahren von staatlich verordneten Beschränkungen für potenziell schädliche, aber legale Online-Inhalte ausgehen.

Unter Berücksichtigung solcher Risiken und der hochsensiblen Natur der Kommunikationsregulierung argumentiert Matthias Cornils, Professor für Medien- und öffentliches Recht an der Universität Mainz, dass öffentlicher Druck von zivilgesellschaftlichen und nichtstaatlichen Akteuren „ein sehr wichtiges Element von Plattform-Governance“ sei. Um einen solchen Druck ausüben zu können, müssen zivilgesellschaftliche Akteure, Journalisten und Nutzer jedoch befähigt werden, d.h. sie müssen Zugang zu den Plattformdaten erhalten.

„Entscheidungen über Regulierung von Kommunikation (sowohl online als auch offline) sollten sich auf empirische Erkenntnisse stützen“, schreibt Cornils in der Studie Designing platform governance. Daher „sind Transparenzverpflichtungen die Anfangsstufe jeder erforderlichen Regulierung“.

Die Studien sind auf Englisch verfügbar.

Studien

Are Algorithms a Threat to Democracy?
The Rise of Intermediaries: A Challenge for Public Discourse

Professor Dr. Birgit Stark and Daniel Stegmann, M.A.
with Melanie Magin, Assoc. Prof. & Dr. Pascal Jürgens

Designing platform governance: A normative perspective on needs, strategies,
and tools to regulate intermediaries

Prof. Dr. Matthias Cornils

Kontakt

Mackenzie Nelson, AlgorithmWatch
Projektmanagerin Governing Platforms
mn@algorithmwatch.org

Projektpartner

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