Pressemitteilung

Offener Brief: Die Bundesregierung ist aufgefordert, in der EU für ein Verbot biometrischer Erkennung einzutreten

In ihrem Koalitionsvertrag versprach die Bundesregierung, biometrische Erkennung im öffentlichen Raum europarechtlich auszuschließen. In den Verhandlungen zur Verordnung über Künstliche Intelligenz (AI Act) sieht der EU-Rat derzeit aber ein Verbot mit vielen Ausnahmen vor. AlgorithmWatch und 24 weitere zivilgesellschaftliche Organisationen fordern die Bundesregierung daher auf, sich auf ihr Versprechen zu besinnen und im EU-Rat in dieser entscheidenden Verhandlungsphase für ein generelles Verbot einzutreten.

Wenn Sie mehr über den Offenen Brief oder den AI Act erfahren möchten, wenden Sie sich bitte an:

Nikolett Aszódi
Policy & Advocacy Managerin

„Biometrische Erkennung im öffentlichen Raum sowie automatisierte staatliche Scoring Systeme durch KI sind europarechtlich auszuschließen“ – mit diesem Satz verspricht die Bundesregierung in der Koalitionsvereinbarung ein grundsätzliches Verbot biometrischer Erkennung in der EU. Dies steht aber in Widerspruch zur Realität in Brüssel: In dem derzeit vom EU-Rat vorgelegten Vorschlag zum AI Act, mit dem die EU den Einsatz Künstlicher Intelligenz regulieren will, sind bedenkliche Schlupflöcher zu finden:

Im entsprechenden Artikel 5d ist eine Reihe von Ausnahmen aufgeführt, in denen dieses Verbot nicht gelten sollte, was es weitgehend aushöhlt. Das Verbot bleibt zudem auf Erkennungssysteme beschränkt, die Menschen an öffentlichen Orten in „Echtzeit“ identifizieren. Somit würde es die nachträgliche Erfassung anhand von Videomaterial nicht abdecken. Außerdem bezieht sich das Verbot nur auf die Strafverfolgung und erfasst nicht die Nutzung durch private oder andere Behörden wie Schulen oder Verkehrsbetriebe. Vor allem sieht der EU-Rat vor, dass der gesamte AI Act nicht auf Situationen anwendbar ist, in denen sich ein Mitgliedstaat auf die „nationale Sicherheit“ beruft. Mit diesem Argument ließe sich auch eine biometrische Massenüberwachung rechtfertigen.  Insgesamt sind in der derzeitigen Ratsposition so viele Ausnahmen vorgesehen, dass sich kaum noch von einem umfassenden, zuverlässigen Verbot von biometrischer Erkennung im öffentlich zugänglichen Raum sprechen lässt.

AlgorithmWatch wendet sich deshalb zusammen mit 23 zivilgesellschaftlichen Organisationen in einem Offenen Brief an die Bundesregierung. Wir rufen sie dazu auf, sich in dieser entscheidenden Verhandlungsphase im EU-Rat gegen diese Ausnahmeregelungen und damit für ein Verbot auszusprechen, das die Rechte der europäischen Bevölkerung wirklich zu schützen vermag. „Wir zählen auf die Bundesregierung, dass sie in Brüssel nochmals ein starkes Signal zur Umsetzung ihres Koalitionsversprechens sendet: Biometrische Erkennungssysteme im öffentlich zugänglichen Raum sind nicht mit grundlegenden EU-Werten vereinbar und sollten somit generell verboten sein. Ihr Einsatz verletzt Grundrechte wie das Recht auf Privatsphäre und Datenschutz, das Recht auf freie Meinungsäußerung oder das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit“, so Nikolett Aszódi, Policy & Advocacy Managerin bei AlgorithmWatch

Die derzeit dazu stattfindenden Verhandlungen im EU-Rat sollen bis zum 6. Dezember abgeschlossen sein. Mit der dann beschlossenen Fassung geht der Rat in die abschließenden Trilog-Verhandlungen, an denen auch das EU-Parlament und die EU-Kommission mit jeweils eigenen Fassungen teilnehmen werden.

Die Organisationen, die den Open Letter unterzeichnet haben:

AlgorithmWatch

AlgorithmWatch Switzerland

Amnesty International Deutschland

Digitalcourage

Chaos Computer Club

Digitale Gesellschaft

Digitale Freiheit DE

Initiative Schwarze Menschen in Deutschland

Reporters Without Borders (RSF) Germany

Open Knowledge Foundation

Wikimedia Deutschland

EDRi

Access Now

ECNL

Irish Council for Civil Liberties (ICCL)

Homo Digitalis

Article 19

Citizen D

IT-Political Association of Denmark

Asociația pentru Tehnologie și Internet

epicenter.works

Electronic Frontier Finland

Elektronisk Forpost Norge

Digitale Gesellschaft CH

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