AlgorithmWatch-Studie widerlegt ‘DSGVO-Ausrede’ von Facebook

Die Datenschutz-Grundverordnung steht dem Zugang zu Plattformdaten für Forschungszwecke nicht im Weg. Eine neue Studie von AlgorithmWatch zeigt anhand von Fallbeispielen aus dem Gesundheits- und Umweltsektor wie datenschutzkonforme Rahmenbedingungen für den Datenaustausch geschaffen werden können.

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) steht einem bedeutsamen Zugang zu Plattformdaten für Forschungszwecke grundsätzlich nicht im Weg. Das belegt eine neue Studie, die AlgorithmWatch in Zusammenarbeit mit dem European Policy Centre und dem Institut für Informationsrecht der Universität Amsterdam veröffentlicht hat. Die Studie zeigt anhand von Fallbeispielen aus dem Gesundheits- und Umweltsektor wie datenschutzkonforme Rahmenbedingungen für den Datenaustausch gestaltet werden können.

Nach heftigen Diskussionen zwischen Facebook und der Forschungsgemeinschaft, hatte die Plattform im Februar 2020 verkündet, dass sie Rahmen der Zusammenarbeit mit Social Science One nahezu eine Milliarde Gigabyte Rohdaten zur Verfügung stellen würde. Dadurch sollte ausgewählten Forscher·innen ermöglicht werden, den Einfluss sozialer Medien auf Wahlen und demokratische Prozesse zu untersuchen. Die Kooperation verzögerte sich jedoch um annährend zwei Jahre, nachdem Facebook Bedenken hinsichtlich der Einhaltung der EU-Datenschutz-Grundverordnung geäußert hatte. Die Studie zeigt anhand von Beispielen aus dem Umwelt- und Gesundheitssektor, wie Datenschutzbedenken durch die Einführung verbindlicher Rahmenbedingungen für den Datenaustausch mit einer unabhängigen EU-Institution im Zentrum abgemildert werden können.

Das „Social Science One“-Drama ist beispielhaft für ein noch viel größeres Dilemma – es ist nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Jef Ausloos, Datenschutzexperte und Hauptautor der Studie Operationalizing Research Access in Platform Governance: What to Learn from Other Industries? Wie die COVID19-Krise zeigt, spielen Intermediäre in unserer Gesellschaft eine zentrale Rolle und ihre Bedeutung wächst zunehmend. Sie prägen die Koordination unseres Schul- oder am Arbeitslebens aus der Ferne, sie bestimmen wie wir Informationen finden und konsumieren, wie soziale Bewegungen organisiert oder wichtige demokratische Rechte wahrgenommen werden. „Ihr Einfluss, ihre Größe und Komplexität, erfordert eine breit aufgestellte Forschung, um ihre Auswirkungen zu verstehen und sie in die Verantwortung zu nehmen“, schreiben die Autoren, „aber die Konzentration und Privatisierung von Daten hat einen maßgeblichen Einfluss auf unabhängige Untersuchungen".

Die Studie erscheint zu einem wichtigen Zeitpunkt. Der angekündigte Digital Services Act (DSA) der Europäischen Kommission, soll die Verantwortlichkeiten der Plattformen erhöhen und vereinheitlichen und eine Aufsicht über bei der Bestimmungen zur Moderation von Inhalten verbessern. Die Kommission erwägt auch Sonderregeln für große Plattformen wie etwa Facebook oder Google, einzuführen, die bedeutende Netzwerkeffekte haben.

Die Autoren der Studie stellen fest, dass die Bemühungen um Selbstregulierung keine wirkliche Rechenschaftspflicht hervorgebracht haben. Sie argumentiert, dass insbesondere große Plattformen verbindlichen Offenlegungspflichten unterliegen sollten, so wie große Umweltverschmutzer verpflichtet sind, den Behörden der Mitgliedstaaten und der EU-Ebene ihre Emissionsdaten zu melden. Angesichts der Schutzwürdigkeit bestimmter Arten von Daten sowie legitimer Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes der Nutzer·innen empfehlen die Autoren, dass ein unabhängiges EU-Gremium als Vermittler zwischen den offenlegenden Unternehmen und den Empfängern agieren sollte. Eine solche Institution würde relevante Zugangsinfrastrukturen verwalten, einschließlich virtueller sicherer Betriebsumgebungen, öffentlicher Datenbanken, Websites und Foren. Sie würde auch eine wichtige Rolle bei der Überprüfung und Vorverarbeitung von Unternehmensdaten spielen, um sicherzustellen, dass diese für die Offenlegung geeignet sind.

„Wenn wir darüber nachdenken, wie Transparenzmaßnahmen für den DSA aussehen sollten, brauchen wir das Rad nicht neu zu erfinden“, sagt Mackenzie Nelson, Projektmanagerin des Governing Platforms-Projekt von AlgorithmWatch. "Der Bericht enthält konkrete Empfehlungen, wie die Kommission Rahmenbedingungen schaffen kann, die die Privatsphäre der Nutzer·innen schützen und gleichzeitig den wichtigen Forschungszugang zu den Daten der marktbeherrschenden Plattformen ermöglichen.

Studie

Operationalizing Research Access in Platform Governance
What to Learn from Other Industries?

Jef Ausloos, Paddy Leerssen, Pim ten Thije

Pressespiegel

TechCrunch (US)
Privacy not a blocker for ‘meaningful’ research access to platform data, says report
25. Juni 2020

DER SPIEGEL (Deutschland)
Wissenschaftler fordern mehr Transparenz von Facebook und Co.
25. Juni 2020

Frankfurter Allgemeine Zeitung (Deutschland)
Studie empfiehlt Transparenz : Facebook erforschen
30. Juni 2020

NRC (Niederlande)
‘We moeten sociale media dwingen transparant te zijn’
25. Juni 2020

VRT (Belgien)
Technologiereuzen moeten zeggen hoe ze ons gedrag bepalen en zo dwingen we dat af
25. Juni 2020

Kontakt

Mackenzie Nelson (AlgorithmWatch)
Projektmanagerin Governing Platforms
mn@algorithmwatch.org

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