Offener Brief an Facebook: Für Transparenz und gegen Desinformation

Zusammen mit mehr als 30 weiteren Organisationen hat AlgorithmWatch den Offenen Brief von Mozilla an Facebook unterzeichnet. Darin fordern wir, dass Facebook sein Versprechen einlöst und im Vorfeld der EU-Parlamentswahlen 2019 mehr Transparenz in der politischen Werbung schafft.

Unternimmt Facebook ernsthafte Anstrengungen, um Desinformationen zu bekämpfen? Oder entzieht sich die Social-Media-Plattform ihrer Verpflichtungen?

Facebook hat den europäischen Gesetzgebern und Nutzern versprochen, die Transparenz der politischen Werbung auf der Plattform zu erhöhen, um Missbrauch bei bevorstehenden Wahlen zu verhindern. Aber im selben Atemzug ergreift Facebook Maßnahmen, um den Zugang zu Transparenzinstrumenten zu blockieren, die es Nutzern ermöglichen, Einblicke zu erhalten, wie ihre persönlichen Daten zu Werbezwecken erfasst und zusammengeführt werden (targeting).

Angesichts der bevorstehenden EU-Parlamentswahlen 2019 ist es entscheident, dass Facebook die Verbreitung von Online-Desinformationen bekämpft. Deshalb veröffentlichen Mozilla und 27 andere Organisationen - darunter AlgorithmWatch, Access Now und Reporter ohne Grenzen - heute einen offenen Brief an Facebook.

Lesen Sie den vollständigen Brief hier oder unten. Der Brief wird außerdem am Donnerstag in der Printausgabe der POLITICO Europe erscheinen.

In dem Offenen Brief fordern wir Facebook aufgefordert, sein Versprechen an die EU-Gesetzgeber einzuhalten. Im vergangenen Jahr unterzeichnete Facebook den EU-Praxiskodex für Desinformation und verpflichtete sich zu mehr Transparenz in der politischen Werbung. Aber seitdem hat Facebook die politische Werbung undurchsichtiger und nicht transparenter gemacht.

Desinformation ist eine der größten Bedrohungen für ein gesundes Internet. Sie schafft Spaltung, untergräbt das Vertrauen in das Netz, schürt Gewalt und beeinflusst Wahlen mit unfairen Mitteln.  Die EU ist keine Ausnahme - in den letzten Jahren beeinträchtigten zunehmende Desinformationen die Wahlen in Frankreich, den Niederlanden, Italien, Deutschland, Österreich und Ungarn.

Desinformation verbreitet sich wie ein Lauffeuer auf großen Plattformen wie Facebook. Und deshalb muss Facebook Teil der Lösung sein. Nutzer und Wähler in der gesamten EU haben das Recht zu erfahren, wer für die politische Werbung zahlt, auf die sie online treffen und ob ihre Daten für zielgerichtete Werbung verwendet werden.

Ein offener Brief an Facebook

Sehr geehrtes Facebook,

wir schreiben Ihnen heute als eine Gruppe von Technologen, Menschenrechtsaktivisten, Akademikern, Journalisten und Facebook-Nutzern, die zutiefst besorgt sind über die Gültigkeit von Facebooks Versprechen, Nutzer in Europa während der Wahlen zum Europäischen Parlament vor gezielten Desinformationskampagnen zu schützen. Sie haben den europäischen Gesetzgebern und Nutzern versprochen, dass Sie die Transparenz politischer Werbung auf der Plattform verbessern und Missbrauch während der Wahlen verhindern werden. Im gleichen Atemzug blockieren Sie aber den Zugang zu Transparenzwerkzeugen, mit denen Ihre Nutzer sehen können, wie sie für Anzeigen ausgewählt werden.

In einem Gastartikel in der Zeit schrieb Mark Zuckerberg kürzlich, dass die wichtigsten Prinzipien für Daten TransparenzWahlfreiheit und Kontrolle seien. Durch Zugangsbeschränkungen auf Transparenzwerkeuge für Werbung, die Facebook-Nutzern zur Verfügung stehen, untergraben Sie Transparenznehmen Ihren Nutzern die Wahlfreiheit, Werkzeuge zu installieren, die ihnen bei der Analyse politischer Werbung helfen, und üben Kontrolle über wohlmeinende Forscher aus, die versuchen, Daten auf der Plattform zu überprüfen. Ihre Alternative zu diesen Werkzeugen von Drittanbietern bietet nur einfache Suchmöglichkeiten nach Stichworten und verfügt nicht über den Grad an Datenzugriff, den echte Transparenz braucht.

Taten sagen mehr als Worte. Darum müssen Sie dafür sorgen, dass Ihre Versprechen an die EU-Institutionen glaubhaft umgesetzt werden, dies betrifft insbesondere die versprochenen Verbesserungen bei der Transparenz. Versprechen und Presseerklärungen reichen nicht, wir brauchen in den kommenden Monaten Taten und werden prüfen, wie wir Facebook zur Verantwortung ziehen können, wenn die Maßnahmen nicht ausreichen.

Wir bitten insbesondere darum, dass Sie bis zum 1. April 2019 die folgenden Maßnahmen umsetzen, um Entwicklern genug Zeit zu geben, um vor den Wahlen Transparenzwerkzeuge zu entwickeln:

  • Setzen Sie eine funktionierende, offene Ad Archive API um, die erweiterte Untersuchungen und Entwicklung von Werkzeugen ermöglicht, die politische Werbung analysieren, welche Facebook-Nutzern in der EU angezeigt wird.
  • Sorgen Sie dafür, dass alle politischen Werbeanzeigen eindeutig von anderen Inhalten zu unterscheiden sind und dass wichtige Kriterien für die zielgerichtete Werbung, wie die Identität des Sponsors und der in allen EU-Ländern auf der Plattform investierte Betrag angezeigt werden.
  • Stoppen Sie die Verfolgung wohlmeinender Forscher, die Werkzeuge entwickeln, um der Werbung auf Ihrer Plattform mehr Transparenz zu verleihen.

Wir glauben, dass Facebook und andere Plattformen positive Auswirkungen haben und die Demokratie fördern können, aber diese Vision kann nur durch echte Transparenz und echtes Vertrauen erreicht werden. Transparenz darf sich nicht nur daran orientieren, was den größten und mächtigsten Technologieunternehmen der Welt genehm ist.

Wir freuen uns auf die schnelle und vollständige Umsetzung dieser Maßnahmen für mehr Transparenz, die Sie Ihren Nutzern versprochen haben.

Mit freundlichen Grüßen

Mozilla Foundation

 

Mitunterzeichner:

Access Now
AlgorithmWatch
All Out
Alto Data Analytics
Article 19
Aufstehn
Bits of Freedom
Bulgarian Helsinki Committee
Campax
CIPPIC
Civil Liberties Union for Europe
Civil Rights Defenders
de clic
doteveryone
Estonian Human Rights Center
Free Press Unlimited
MobLab
Open Data Institute
Open Media
PROVIDUS
Reporters Without Borders
Skiftet
SumOfUs
Transparent Referendum Initiative
Uplift
Urgent Action Fund for Women's Human Rights
WhoTargetsMe

Lesen Sie mehr zu unserer Policy & Advocacy Arbeit zu ADM und öffentlicher Meinungsbildung.

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