Filterblase geplatzt? Kaum Raum für Personalisierung bei Google-Suchen zur Bundestagswahl 2017
von Tobias D. Krafft, Michael Gamer, Marcel Laessing und Katharina A. Zweig
Google-Suchergebnislisten zu prominenten Politikern weisen im Wesentlichen sehr hohe Ähnlichkeit auf. Im Durchschnitt 7 bis 8 der Ergebnisse von im Mittel 9 der sogenannten organischen Suchergebnisse unterscheiden sich unter den Nutzern des Datenspendeprojekts nicht. Das ist ein Hinweis darauf, dass Personalisierung durch Suchmaschinen eine geringere Rolle spielt als bisher weithin angenommen.
Dies ist das Ergebnis der Auswertung des ersten Monats unseres Datenspendeprojekts, gefördert von 6 Landesmedienanstalten. Fast 4.000 Nutzerinnen und Nutzer haben sich das Plug-In bereits heruntergeladen. Davon spenden uns tagsüber regelmäßig zwischen 300 und 600 ihre Suchergebnisse zu 16 Suchbegriffen – insgesamt haben wir damit 3 Millionen gespendete Datensätze gespeichert, die wir der Öffentlichkeit für weitere Analysen zur Verfügung gestellt haben. In unserer ersten Analyse „Datenspende: Personalisierung geringer als gedacht – Hauptsächlich regionale Effekte“ haben wir anhand der Daten für einen einzelnen Suchzeitpunkt analysiert, wie unterschiedlich die Suchergebnisse der Nutzer voneinander sind. In diesem Zwischenbericht greifen wir dieselbe Frage anhand der quantitativen Untersuchung der Ergebnisse von 8 bzw. 10 Werktagen auf. Zusätzlich analysieren wir den Anteil der offensichtlich regionalisierten Beiträge, um zwischen personalisierten Suchergebnislisten und regionalisierten Suchergebnislisten unterscheiden zu können.
Wir kommen zu den folgenden Hauptergebnissen:
- - Es gibt in den Suchergebnissen wenig Raum für Personalisierung, die eine wichtige Grundlage der Theorie von algorithmisch erzeugten Filterblasen von Eli Pariser darstellt:
- - Suchergebnisse von Politikern weisen im Wesentlichen sehr hohe Ähnlichkeit auf: im Durchschnitt 7 oder 8 gleiche Ergebnisse von im Durchschnitt 9 organischen Suchergebnissen.
- - Suchergebnisse von Parteien sind weniger ähnlich, mit 5-6 gemeinsamen Suchergebnissen. Die restlichen Links verweisen auf regionale Ortsvereine und andere, regional interessante Webseiten. Es bleiben hier im Durchschnitt gut 1 bis knapp 3 Links für eine Personalisierung übrig.
- Es spielt nahezu keine Rolle, ob die Nutzer eingeloggt sind oder nicht – der Anteil der gemeinsamen Suchergebnisse ist nahezu identisch innerhalb der beiden Gruppen.
- Es existieren immer wieder kleine Cluster mit stark abweichenden Ergebnislisten – diese haben im Durchschnitt mit den anderen Suchergebnislisten nur 2 oder 3 Ergebnisse gemeinsam. Eine manuelle Inspektion ergibt aber keine inhaltlichen Auffälligkeiten politischer Natur. Die Cluster sind in sich relativ homogen. Es ist unklar, wie es zu diesen kleinen Clustern kommt. Eine abschließende, inhaltliche Bewertung steht noch aus.
- Die Parteien sind sehr unterschiedlich gut darin, selbst-kuratierte Webseiten wie eigene Homepages oder Social Media-Accounts auf die erste Suchergebnisseite zu bringen. Während Bündnis 90/Die Grünen fast konstant die Inhalte von 70% der Suchergebniswebseiten auf den ersten Suchergebnisseite selbst kuratieren, sind es bei der AfD nur um die 30%. CSU und SPD kommen auf 40% verlinkte Webseiten, deren Inhalte sie selbst beeinflussen können, die Linke, FDP und die CDU auf 60%.
Meta-Ergebnis:
Das Datenspende-Projekt zeigt, dass Gesellschaft einen wichtigen, Öffentlichkeit schaffenden und die Meinungsbildung potenziell beeinflussenden Algorithmus gemeinsam auf relevante Phänomene untersuchen kann, ohne dafür Einblick in den dahinterliegenden Code zu benötigen.
[su_note note_color=„#fdf8ad“ text_color=„#6B6947“]Lesen Sie den gesamten Bericht (PDF, 5,9 MB) von Tobias D. Krafft, Michael Gamer, Marcel Laessing und Katharina A. Zweig (Anfragen per Email an zweig@cs.uni-kl.de).[/su_note]
Bitte beachten - es war hier kurzzeitig eine nicht-aktuelle Fassung des 1. Zwischenberichts verlinkt. Dies ist nun behoben. Der Dateiname der richtigen Fassung ist 1_Zwischenbericht__final.pdf